Palmöl in Kosmetik – wie schädlich ist es wirklich?

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Palmöl - Kaum ein natürlich gewonnener Inhaltsstoff innerhalb der Lebensmittel- und Kosmetikindustrie ist im allgemeinen Sprachgebrauch negativer konnotiert als Palmöl. Alarmglocken begleitet von Kaufhemmungen bei der Konfrontation mit dem Begriff sind gefühlsmäßig bei sehr vielen Menschen die instinktive Reaktion. Da war doch was, oder?! Aber warum war Palmöl gleich nochmal schädlich? Was ist es genau, das Palmöl zu einem der verrufensten Inhaltsstoffe macht? Und welche Eigenschaft des Palmöls ist dafür verantwortlich, dass aktuell händeringend nach Lösungen gesucht wird die Verwendung von Palmöl zu reduzieren?

Was ist Palmöl überhaupt?

Palmöl gewinnt man aus der Frucht der Ölpalme. Es ist reich an Vitamin A und E und frei von schädlichen Transfettsäuren. Ein einzelner Samen der Palmfrucht enthält ca. 48-52% Öl und ist damit ertragreicher als jedes andere Pflanzenöl. Effizienz ist sozusagen die Superkraft dieser gleichermaßen begehrten wie in Verruf geratenen Pflanze, denn auf einer vergleichsweise geringen Fläche erzeugt die Ölpalme riesige Mengen von Output. Diese Tatsache ist auch der Wirtschaft nicht entgangen. Die Nachfrage ist immens, was darauf gründet, dass es kaum Wirtschaftssektoren gibt, für die Palmöl keine Rolle spielt.

Palmöl

Wie wird Palmöl angebaut?

Ursprünglich aus Westafrika stammend, hat sich der absatzorientierte Anbau dieses Rohstoffes inzwischen größtenteils nach Lateinamerika und Südostasien verlagert. Hauptanbaugebiete liegen nun vor allem in Indonesien und Malaysia, die zusammen 85% der weltweiten Nachfrage nach Palmöl versorgen. Um diese Größenordnungen in einen Maßstab zu setzen: Allein Indonesien erzeugt auf einer Fläche von Deutschland 30,5 Millionen Tonnen Palmöl pro Jahr. Damit ist es das meistproduzierte – und zufälligerweise auch das billigste – Pflanzenöl auf dem Weltmarkt.

Die Probleme der Palmölproduktion

Fakt ist, dass sich die Schädlichkeit des Palmöls weniger auf den charakteristischen Eigenschaften von Palmöl gründet, sondern viel mehr auf dessen unverhältnismäßig großer Nachfrage. Die Tatsache, dass das Öl in einer großen Vielzahl verschiedener Produkte aus unterschiedlichsten Wirtschaftssektoren Anwendung findet, führt dazu, dass der Rohstoff auch in größtem Maßstab produziert werden muss. Dazu benötigt die Industrie Plantage-Flächen in tropischen Breitengraden, für deren Schaffung zu häufig der Regenwald weichen muss. Regenwaldrodung und die Nutzung der dadurch erzeugten Anbaufläche von Palmplantagen in Form von Monokulturen gefährdet letztlich nicht nur den Lebensraum lokaler Bevölkerung. Auch die globale Artenvielfalt sowie das weltweite Klima zeigen die direkten Konsequenzen.

Brandrodung für Palmöl

Gefährdung von Lebensraum und Artenvielfalt

Aus Wald- und Brandrodung resultiert eine irreversible Zerstörung seltener Flora und Fauna. Bis 2050 droht der Erde ein Waldverlust von 230 Millionen Hektar. Obwohl diese Zahl nicht einzig und allein auf die Palmölproduktion zurückzuführen ist, nimmt diese doch schwerwiegenden Einfluss. So wird beispielsweise 2050 auf Borneo kein Regenwald mehr übrig sein, der einst Tierarten wie Orang-Utans oder Borneos Zwergelefanten ein Zuhause geboten hat. Bereits gefährdete Arten wie der Sumatra Tiger werden bis dahin völlig von der Bildfläche verschwunden sein.

Orang-Utan Mama mit Baby

Soziale Konflikte und Landraub

Auch menschlicher Lebensraum ist schwerwiegenden Konflikten ausgesetzt. Seit Jahren herrschen heftige Auseinandersetzungen zwischen indigenen Völkern und den großen Rodungskonzernen. Da beispielsweise die Ureinwohner Indonesiens, die den Regenwald für ihre traditionelle Lebens- und Wirtschaftsweise nutzen, in den seltensten Fällen schriftliche Eigentumstitel besitzen, fallen auch sie oft dem Landraub zum Opfer. Sie müssen ihre Heimat Plantagen und Bergbauprojekten der Ölindustire überlassen. Proteste gegen diese Ungerechtigkeit fordern regelmäßig Tote.

Kohlenstoff und Treibhausgase

Der dritte große Effekt sind die Emissionen. Die Verbrennung von Waldflächen setzt riesige Mengen Co2 frei, die als Treibhausgase den globalen Temperaturanstieg vorantreiben. Aber damit noch nicht genug: Auf Grund jahrelanger, von Menschen verursachter Bodenentwässerung ist nicht nur der Baumbestand, sondern auch der Torfboden extrem brennbar. Torfbrände alleine erzeugen mehr als 900 Millionen Tonnen Co2. In einem Jahr. Diese Summe entsprach schon 2006 nur 16% aller zusätzlich durch Entwaldung erzeugten Emissionen.

Wo wird Palmöl verwendet?

Große Teile des Palmölabsatzes fließen in Bereiche der Energie- und Wärmeerzeugung aber vor Allem in die Produktion von Biodiesel. Das Ironische: Als erneuerbare Energie soll die Beimischung von Palmöl einen kleinen Teil des Erdöls ersetzen und somit als Biokraftstoff die Klimabilanz aufbessern. Bis die oben dargestellten Co2-Werte allerdings von den positiven Effekten der zunehmenden Verwendung von Biokraftstoff kompensiert werden könnten, müssten – Berechnungen zu Folge – rund 690 Jahre vergehen.
Aber auch aus der Pharmazie, Reinigungs- und Lebensmittelindustrie lässt sich der Rohstoff nicht mehr wegdenken. Aktuell enthält beinahe jedes zweite Supermarkt-Produkt das Pflanzenöl oder einen anderen, aus Palmöl gewonnen, Inhaltsstoff. Dabei nutzt die Lebensmittelindustrie vor allem die Konsistenz. Wie Kokosöl verflüssigt sich auch Palmöl erst ab einer Temperatur von 37 Grad. Dies verleiht Speisen bei Zimmertemperatur eine streichfeste bzw. cremige Konsistenz, was es zum optimalen Bestandteil von Margarine, Glasuren, Schokolade und Nougat macht.

Schoko-Nuss-Creme

Palmöl in der Kosmetik

Welche Produkte enthalten überhaut Palmöl?

Der Kosmetiksektor bedient sich einer ähnlichen Eigenschaft des Palmöls. Auch die Kosmetikindustrie nutzt es bevorzugt zur Kreation der richtigen Konsistenz. Palmöl-Derivative, also Palmöl, dessen Struktur durch Weiterverarbeitung verändert wurde, können gut in Form von Tensiden oder Emulgatoren für Schaum und Geschmeidigkeit verwendet werden. Somit findet man den Inhaltsstoff vorzugsweise in Pflegecremes mit Ölbasis, Peelings, Schäumen, in Haarpflegeprodukten, Körperlotionen aber auch in dekorativer Kosmetik wie Mascaras.

Ist Palmöl in Kosmetik schädlich für die Haut?

Palmöl wirkt, als natürliches Fett, im Allgemeinen pflegend gegen trockene Haut, Anti-oxidativ und glättend. Es versorgt die Haut mit wichtigen Nährstoffen und unterstützt sonnengestresste Haut. Das Vitamin E in Palmöl kann außerdem das optische Erscheinungsbild von Narben verbessern und sorgt für einen gesunden Teint. Trotz alledem kann der Inhaltsstoff mit einem Komedogenitätsgrad von 4 der Gattung der komedogenen Öle zugeordnet werden. Dies beschreibt die Eigenschaft bestimmter Öle die Bildung von Hautunreinheiten zu begünstigen. Im Zuge der Anwendung können Poren innerhalb der Haut durch komedogene Öle verstopft werden. Diese Gefahr ist allerdings von Person zu Person sehr individuell.

Eine Frage stellt sich häufig: Ist Palmöl krebserregend? Diese Frage können wir – immerhin im Bereich der Kosmetik – ganz klar mit nein beantworten. Es ist allgemein bekannt, dass die raffinierte Version von Palmöl – also die Version, die unter extremen Temperatur erhitzt wird und als Konsequenz daraus Fettsäureester bildet, tatsächlich einen kleinen Prozentsatz Krebsrisiko führt. Dies allerdings auch nur dann, wenn man es in Form von Nahrung konsumiert. Naturreines Palmöl dagegen, ist gesundheitlich gänzlich unbedenklich.

Kosmetikprodukte mit Palmöl

Palmöl in Kosmetik vermeiden?

Wie die positiven und negativen Aspekte gegeneinander abgewogen werden, ist letztendlich jedem selbst überlassen. Denn wohingegen Effizienz und Ergiebigkeit des Palmöls grundsätzlich ein nachhaltiges Konzept ist, scheint der Kern des Problems in diesem Fall schlicht in der Masse der Nachfrage zu liegen. Die Lösung liegt im bewussten Umgang und in der Reduktion des Verbrauchs. Laut WWF würde ein bewusster Umgang knapp 50% des aktuellen Konsums einsparen. Für uns von Faces of Fey zweifellos eine Motivation für eine immer noch bedachtere Verwendung von Palmöl.

Gibt es nachhaltiges Palmöl?

Obwohl seit 2007 im Energiesektor die sogenannte Biomassestromverordnung als Zertifizierungssystem für Verwendung von Palmöl festgelegt wurde, gelten innerhalb der Kosmetik und Nahrungsmittelindustrie keinerlei Nachhaltigkeitskriterien. Der nachhaltige Umgang mit Palmöl ist also schwieriger als gedacht. Wie so oft in Umweltfragen gibt es auch hier nicht die eine „richtige“ Lösung.
So warnt der WWF beispielsweise vor dem vollständigen Ersatz von Palmöl, da diese Maßnahme das Problem ausschließlich verlagern könnte. Palmöl erzeugt auf verhältnismäßig geringer Fläche viel Output. Ein Substitut würde auch das Platzproblem lediglich ersetzen. Mit dieser Erkenntnis erschwert sich die Suche nach einer nachhaltigen Problemlösung immens. Denn wenn das Vermeiden bzw. das Ersetzen das Platzproblem nicht zufriedenstellend eindämmen kann, muss man eine Variante finden Palmöl unter veränderten Umständen zu produzieren.

Dieser Aufgabe widmet sich eine Non-profit-Organisation der Palmölindustrie: Roundtable of Sustainable Palm Oil (RSPO). Diese NGO besteht aus Vertretern palmölindustrierelevanter Institutionen. RSPO versucht die ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit zu verbessern und hat es sich zur Aufgabe gemacht Kriterien zu definieren, die innerhalb der Produktion Missstände reduzieren sollen. Dazu gehören die Wahrung von Nutzungs- und Eigentumsrechten, der Schutz der Tier- und Pflanzenwelt und ein Verbot der Rodung von besonders schützenswerten Wäldern für neue Plantagen. Trotz den edlen Motiven sind diesem Zertifizierungskriterium Vorbehalte entgegenzubringen. Immer wieder entstehen Hinweise darauf, dass sich einige RSPO-lizensierte Unternehmen nicht an die vereinbarten Mindeststandards halten. So mangelt es beispielsweise innerhalb der Institutionen an Transparenz. Ein häufig formulierter Vorwurf ist deshalb „greenwashing“.

RSPO Logo

Wie erkennt man Palmöl als Inhaltsstoff?

Wo die Entscheidung zur Reduktion von Palmöl mit zunehmend akuter Problemlage immer leichter erscheint, ist die Konsequenz daraus gar nicht mal so eindeutig. Denn Grundvoraussetzung zur Vermeidung von Palmöl ist die Erkennung und Identifikation des Rohstoffes. Palmöl und dessen Derivative sind in Angaben über Inhaltsstoffe für das ungeschulte Auge beinahe unmöglich zu erkennen.
Eine ausführliche Liste findest Du hier. Um Dir das Erkennen zu erleichtern, haben wir nachfolgend einige häufig verwendete Stoffe aufgelistet.

Häufig verwendete Stoffe auf Palmölbasis: 

  • Glyceryl-, Sucrose- oder Ascorbyl-Palmitaten
  • Retinyl Palmitat
  • Cetyl Alcohol
  • Sodium Lauryl Sulfate
  • Gylcerin (dies kann allerdings auch aus anderen pflanzlichen Ölen hergestellt werden)
Palmöl Frucht

Obwohl die Wahl der schonendsten, ethisch vertretbarsten und für die Rezeptur passensten Inhaltsstoffe zwischenzeitlich unmöglich scheint, versuchen wir von Faces of Fey all diese Faktoren bei der Entscheidung miteinzubeziehen. Es gibt nur selten die “eindeutig perfekte Variante”. Zur Reduktion von Palmöl setzen wir bei unseren Produkten konkret auf regenwaldschonende Alternativen wie Sheabutter oder Jojobaöl. Wir verwenden alternative, beziehungsweise milde Tenside und Emulgatoren und sind ständig auf der Suche nach nachhaltigen Optionen für den kleinst möglichen Fußabdruck.

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